Hautarzt-Praxis
Dr. med. Michael Schnicke

Dermatologe

Tab. 1 Top-Ten-Hitliste der meist verschriebenen Wirkstoffe in Rezepturen
Wirkstoff Verschreibungs- häufigkeit [%]
Acid. Salicyl. 15,7
Triamcinolon 15,1
Urea pura 11,2
Erythromycin 9,6
Clotriamzol 8,7
Betamethason 4,8
Metronidazol 3,3
Hydrocortison 3,1
Prednisolon 2,7
Clobetasol 2,5

Abb. 1 Fest - flüssig - fett: Auf die richtige Mischung kommt es an (Klicken zum Vergrößern).

Rezepturen

Trotz einer breiten Palette von Fertigarzneimitteln für die topische Therapie bevorzugen viele Ärzte die individuelle Rezeptur. Allerdings haben wir Ärzte in unserer Ausbildung, wenn überhaupt, meist nur wenig über Galenik gehört. Rezeptierkurse sind nicht mehr Teil des Medizinstudiums - entsprechende Kenntnisse sind aber essentiell, um die Vorteile der magistralen Rezeptur nutzen zu können.

Im Jahre 2006 wurden 10,4 Mio. Rezepturen hergestellt, am häufigsten für Hautärzte (51%), Allgemeinmediziner (42%) und Kinderärzte (9%). Tab. 1 zeigt die Top-Ten-Hitliste der am meisten verschriebenen Wirkstoffe. Allerdings sind heutzutage viele Ärzte nicht ausreichend über die Möglichkeiten und Grenzen bei der Herstellung und der Form von Rezepturen informiert.

Die drei Elemente richtig kombiniert

Abb. 1 zeigt das dermatologische Behandlungsdreieck mit den drei Elementen: fest - flüssig - fett. Diese Grundlagen richtig miteinander kombiniert, erlauben jede erdenkliche Galenik herzustellen, von wässeriger Lösung bis zu stark fettender Salbe. Bei der Behandlung akuter Hautzustände ist der Wert einer Grundlage von größerer Bedeutung als der Wirkstoff selbst: Je akuter die Haut, desto wichtiger der Grundstoff und desto unwichtiger der Wirkstoff. Dieser wird dann bei weiterer Stabilisierung des Hautbefundes immer wichtiger.

Bei nässender akuter Entzündung gilt immer noch der Grundsatz: „Feucht auf feucht", d.h. Umschläge mit antiinflammatorischer Kühlwirkung. Dagegen heißt es für die lipidbedürftige Haut des Ekzematikers: „Fett und gesund oder trocken und krank".

Individuelle Rezepturen bieten viele Vorteile

Individuelle Kombination

Je nach Hauttyp und Krankheitsstadium können Sie die Wirkstoffe individuell mit der erforderlichen Salbengrundlage kombinieren, was ganz entscheidend für den Behandlungserfolg ist.

Anpassen der Komponenten

Im Verlauf einer Dermatose kann der Arzt Wirkstoff und Grundlagen individuell anpassen: z.B. beim Abklingen der Hauterkrankung die Konzentration des Wirkstoffs (z.B. Cortison) senken und andererseits den Fettgehalt der Grundlage stufenweise erhöhen.

Meiden von Allergenen

Allergieauslösende Substanzen der Fertigarzneien wie Konservantien, Duftstoffe oder Emulgatoren können Sie gezielt vermeiden. Konservierungsstoffe sollen die Zubereitung vor Kontamination schützen. Kein Mittel erfüllt dies in idealer Weise allein, deshalb werden in Fertigarzneimitteln oft mehrere Konservierungsstoffe miteinander kombiniert und sie alle können Kontaktallergien auslösen.

Flexible Mengen

Je nach Fläche der Hauterscheinungen kann die erforderliche Salbenmenge stark variieren. Eine Ganzkörperbehandlung z.B. kann bis zu 200 g Salbe täglich erfordern. Eine Mengenstandardisierung ist deshalb für die Hautbehandlung viel schwieriger als für die systemische Therapie.

Preisersparnis

Tab. 2 Bruttopreise häufig verordneter Salbengrundlagen
Rezepturen [10 g] Preis [€]
DAC Basiscreme 0,46
Ungt. Lenien 0,56
Eucerim cum aqua 2,07
Ungt. Emulsion 0,52
Vaselin alb. 0,14
Vaselin flav. 0,13
Pasta zinci mollis 0,31

Je größer die Menge der Rezeptur (z.B. beim hohen Bedarf in Altenheimen) desto bedeutender ist die Preisersparnis gegenüber dem Fertigarzneimittel. Tab. 2 gibt einen Überblick über Bruttopreise oft verordneter Salbengrundlagen.

Der pH-Wert und andere Fallen

Nicht alle Substanzen sind miteinander verträglich. Inkompatibilitäten sind mögliche galenische Pannen. Ein Beispiel ist die häufige Verschreibung von Zinkoxid mit Salicylsäure. Hierbei entsteht eine inaktive Chelat-Verbindung und keine der beiden Komponenten fungiert mehr als Wirkstoff. Ähnlich würde Clotrimazol (pH 7) oder Erythromycin (pH 8) in sauer konservierten Salbengrundlagen (pH 4) in wenigen Stunden zerstört. Diese Grundlagen sind aber wiederum ideal für Betamethason (pH 2 - 5) und Triamcinolon. Vorsicht ist auch bei den exakten Namen des Arzneistoffs geboten: So ist Triamcinolon acetonid zehnmal stärker als Triamcinolon und Betamethason-17 valerat sogar einhundertmal stärker als Betamethason.

NRF: Schon mal gehört?

Arzneimittel, die in Apotheken selbst hergestellt werden, müssen wie Fertigarzneimittel die erforderliche pharmazeutische Qualität aufweisen und unterliegen einer ständigen Qualitätssicherung. Bereits 1983 gab die Bundesvereinigung deutscher Apotheker die Stammlieferung des Neuen Rezeptur Formulariums heraus (NRF). Seitdem wird das NRF, eine vielen Medizinern unbekannte Loseblattsammlung, regelmäßig überarbeitet. Mit ihm sind Sie als Arzt immer auf der sicheren Seite mit derzeit rund 550 Rezepturhinweisen, über die Sie Ihre Hausapotheke gerne berät.

Kompakt

Sparen durch individuelle Rezeptur

Ein konkretes Beispiel für das Einsparpotential der Rezepturen gegenüber fertigen Arzneimitteln - wie es auch für viele andere Rezepturen gilt - ist das folgende: Die 50 g Tube Elosalic* Salbe kostet 43,79 €, die Mischung in der Apotheke aus Momethason und 5% Salicylsäure in Salbengrundlage spart mit 13,70 € also ganze 63%. Eine größere Tube gibt es nicht und mit zunehmender Menge steigt die Kostenersparnis noch mehr.

Psychologischer Faktor für Patienten

Die maßgeschneiderte Rezeptur zeigt dem Patienten, dass er keine Behandlung „von der Stange" bekommt. Sie erlaubt auch, gegebenenfalls nach bisher erfolgloser Behandlung oder nach Arztwechsel eine für den Patienten erkennbare Abgrenzung der Medikation.

Rezepturen

Lichen sclerosus
Bei Lichen sclerosus (LSA) ist der Teerzusatz mit seiner antientzündlichen Wirkung statt hochpotenter Steroide eine effiziente Alternative:
Liqu. carb. deterg. 2,5 in Neribassalbe' ad. 50,0
Ekzeme
In der Ekzemtherapie sieht man besonders bei Kindern unter der konservierten 5%-igen Bufexamac Creme nicht selten Hautirritationen, während die unkonservierte
Parfenac® Fettsalbe 25,0
in Eucerin cum aqua ad. 50,0

in dieser Konzentration ihr Therapieziel ebenso erreicht und dazu souverän verträglich ist.
Hornschwielen, Pityriasis versicolor, Akne
Mit 20%-iger Salicylvaseline, die gleichzeitig antimykotisch wirksam ist, lassen sich Hornschwielen und Druckstellen nicht nur im Fußbereich abtragen. 3%-ig wird bei ausgedehnter Pityriasis versicolor im Brust- und Rückenbereich behandelt:
Acid. Salic. 6,0 in 40% Isopropanol ad. 200,0
Mit Baumwolltupfer aufgetragen wird seine komedolytische und antiseptische Wirkung auch in der Aknebehandlung genutzt.
Analekzem
Beim Volksleiden des gereizten Analekzems erreicht nach Pilzausschluss die
Dermatop® Fettsalbe 10,0 in
Pasta Zinci Mollis ad. 20,0

spontane Erfolge.
Hartnäckige Zungenbeläge
Hartnäckige Zungenbeläge werden mit weicher Zahnbürste und 40%-iger wässeriger Harnstofflösung gitterförmig abgebürstet:
Urea pura 40,0 in Aqua dest. ad. 100,0
Postoperative proktologische Behandlung
Proktologische Abteilungen verwenden postoperativ gerne die Kombination von Anästhetikum und der heilenden und hautberuhigenden Wirkung von Panthenol im Analbereich:
20%-ige Anaesthesin® Salbe 20,0 in
Panthenolsalbe ad. 60,0
Antientzündliche Rezepturen
Für großflächige bakterielle Entzündungen ist in Preis und Qualität die 4%-ige Erythromycin Creme NRF 11.77 unschlagbar, ebenso die antiseptische 2%-ige Triclosan in Basiscreme DAC NRF 11.122
Kopfschuppenflechte und Seborrhoe
Bei Kopfschuppenflechte und Seborrhoe mit starker Plaquebildung:
Abwaschbares 10%-iges Salicylöl NRF 11.85 oder
Acid. Salic. 2,0 in
Onguentum Roche Posay ad. 50,0 (ggf. Triamcinolon acetonid 0,05 dazu)

In die Kopfhaut einmassieren und über Nacht den Haarbereich abdecken.
Psoriasis
Psoriasis-Kliniken schätzen heute noch zur Abschuppung der Keratosen die
5%-ige Salicylsäure in Vaselinum Flavum.
Hartnäckige Psoriasisherde, die auf Salicyl-Kortison-Salbenkombinationen unzureichend ansprechen, werden intensiviert behandelt durch Zugabe von Cignolin (=Dithranol):
Cignolin 0,1 in Soderm Plus Salbe® ad. 10,0 (enthält 3% Salicyl)
womit die antiproliferative Wirkung erheblich gesteigert wird. Auch als so genannte „Minutentherapie" ist sie geeignet und wird nach 30 Minuten Einwirkzeit abgewaschen. Dadurch vermeidet man das Verschmieren und die Braunfärbung der angrenzenden gesunden Hautflächen.

Ihr